Man tut eine Handvoll möglichst frisch gepflückten Waldmeister (Asperula odorata), der noch keine Blüten haben darf, in eine Terrine, gießt zwei Flaschen Moselwein, der sich am besten dazu eignet, oder irgend einen anderen leichten und reinen Weißwein darüber, deckt die Terrine zu und läßt den Wein höchtens eine halbe Stunde an einem möglichst kühlen Orte ziehen, nimmt den Waldmeister dann heraus, versüßt den Wein mit 125 - 150 Gramm Zucker, rührt ihn gut um, damit sich der Zucker löst, und serviert sofort das duftig aromatische Getränk.
Noch angenehmer wird dasselbe, wenn man eine oder zwei Apfelsinen, die während der Waldmeister-Saison am reifsten und süßesten zu haben sind, sorgsam abschält, in Schnitzeln zerteilt und mit in die Bowle legt.
Auf diese einfache Art bereitet ist die Maibowle entschieden am besten, weil man so das unverfälschte Aroma des Waldmeisters erhält, nur muß man sich wohl in Acht nehmen, denselben nicht zu lange in dem Wein zu lassen, da man sonst leicht Kopfweh von dem Maitrank bekommt.
Zuweilen werden auch bloß so viel junge Blätter von schwarzen Johannisbeeren zu dem Waldmeister gemischt und anstatt der Apfelsinen Zitronenscheiben mit in den Wein gelegt.
Oder man tut zwei reichliche Hände voll Waldmeister, zwei bis drei Scheiben geschnittene Apfelsinen, zwei Flaschen Weißwein und zwei Flaschen Rotwein in die Bowle, läßt alles eine knappe Stunde ziehen, nimmt das Kraut heraus und versüßt den Wein nach Belieben.
Oder man mischt eine Handvoll Waldmeister, vier Zweiglein junge Zitronenmelisse, vier bis sechs frische Pfefferminzblätter, ebensoviel junge Erdbeerblätter und schwarze Johannisbeerblätter, legt alles in eine Terrine. fügt zwei in Scheiben geschnittene, von den Schalen und Kernen befreite Zitronen und drei bis vier Flaschen Moselwein hinzu, läßt die Kräuter höchstens eine halbe Stunde ziehen, nimmt sie heraus und tut Zucker nach Gutdünken zu dem Getränk, welches wie alle Weißwein-Bowlen wo möglich auf Eis oder doch sehr kühl stehen muß.
Am Rhein, in Brabant und Flandern bereitete man den Maitrank schon im 16. Jahrhundert aus einer Mischung von Mosel- oder Rheinwein mit Waldmeister, einigen jungen Erdbeerblättern, etlichen Maßliebpflänzchen, etwas Potentilla (Fünffingerkraut), Himbeersprossen, Veilchenblüthen, Schafgarbenblättchen und den jungen Trieben der Ahl- oder schwarzen Johannisbeere, weil man all diesen Kräutern besonders Heilkräftige Wirkungen zuschrieb.
Auch jetzt noch pflegt man dort ähnliche, aus vielerlei Kräutern zusammengesetzte Ingredienzen zum Maiwein zu benützen, indem man Pfefferminzkraut, Melisse, Kerbel, Pimpinelle, Estragon, Basilikum und Fenchel außer dem Waldmeister in den Wein legt.
Diese und noch ein Menge anderer Kräutermischungen geben zwar einen stark gewürzt schmeckenden Wein, aber das Aroma des echten, einfachen Maitranks übertrifft denselben entschieden an Lieblichkeit, besonders wenn man guten Moselwein dazu verwendet und vor dem Servieren ein halbe Flasche Champagner hinzufügt.
Niemals lasse man sich verleiten, gleich fertigen Maitrank zu kaufen, der selten mit dem frischen Kraut, sondern gewöhnlich mit Hilfe der sogenannten, meist aus Tonkabohnen künstlich hergestellten Maitrank-Essenz bereitet ist und nie den Wohlgeschmack des frisch aufgesetzten besitzt.