www.fleurop.de
  www.brauchtumsseiten.de   www.feiertagsseiten.de   www.weihnachtsseiten.de   www.osterseiten.de   www.muttertagsseiten.de   www.pfingstseiten.de
   Sie sind hier :  
Suchbegriff(e) eingeben:
Empfehlungen
Hotelbewertungen

Brauchtum im Jahresverlauf oder von A - Z
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
A B C
D E F
G H I
J K L
M N O
P Q R
S T U
V W X
Y Z
Neu  Veranstaltungskalender


468x60

Infos hinzufügen  |  Druck-Version (PDF)  |  Buchtips  |  Zurück
Translate this page into English Translate this page into English   |   Traduction française de cette page Pressure Version

Von Torfstechern und Glockengießern
Von Joachim Schröder, Pronsfeld

Von Torfstechern und Glockengießern

Schon immer wußten die Bewohner des kargen und nebelverhangenen Venngebietes die Schätze abzugewinnen. Als Holzfäller zogen sie in die Wälder, als Torfstecher in die Moore, Köhler errichteten rauchende Meiler, Schnitter ernteten das dünne Gras, Schweine- und Kuhhirten trieben ihr Vieh durch die moorigen Fluren und Wälder.
Heute erinnern nur noch zerfallene Steinhütten in den abgelegenen Tälern des Eifeler Venns (Ostbelgien und nördliche Eifel) an die Tätigkeit der Bauern, Köhler, Viehhirten und Holzarbeiter. Den Torfstecher gibt es bis heute noch vereinzelt, vornehmlich in den Moorgebieten des wallonischen Venns.
Sobald im Frühjahr der Moorboden die Winterfeuchtigkeit aufgesogen hatte, begannen die ersten Torfstecher mit der Arbeit. Das Stück Torfland wurde früher von der Gemeinde an interessierte Familien vergeben, die ihrerseits innerhalb von drei Jahren den ihr zustehenden Torf stechen mußte, da ansonsten das Recht verfiel und einem anderem zugewiesen wurde.
Zunächst galt es für die Torfstecher bei einem neuen oder zu erweiterndem Stück die Kraut- und Wurzelschicht abzuschälen. Auch die darunterliegende Schicht war wertlos, weshalb man diese Erdschicht "verpflanzte", also einem ausgebeuteten Teil zurückgab. In einer Tiefe von 50 bis 100 cm stieß man auf brauchbaren Torf, der einen Abbau lohnte. Je tiefer man dabei nach unten kam, um so dunkler und glänzender wurde der Torf. "Er ist fett", sagten die Kenner und freuten sich über einen besonderen "Stich". Mit einem spatenähnlichen Gerät schnitt der Torfarbeiter aus der vor ihm stehenden Wand Stücke heraus. Die ziegelsteingroßen Torfstücke wurden zunächst auf dem Boden in Reihen gelagert, bei günstiger Witterung nach einigen Tagen gedreht und später in pyramidenförmigen Haufen aufgeschichtet. In trockenen Jahren dauerte es nur zwei bis drei Wochen, bis der Torf trocken war und eingefahren werden konnte. Manche Torfstiche im Gebiet des Hohen Venn lagen jedoch so weit draußen im moorigen Bereich, daß man bis in den Winter warten mußte, ehe das Fuhrwerk bei gefrorenem Boden in das Venn hineinfahren konnte.
Ein Blick in den Torfstich zeigt, daß der Untergrund des Moorbodens aus sehr altem Schiefer besteht, der verwittert ist und eine wasserundurchlässige Tonmasse bildet. Auf dieser Schicht sammelt sich das Wasser, das infolge des geringes Gefälles der Hochmoorfläche nicht abfließen kann. In diesen Wassertümpeln vermodern die absterbenden Teile aller Pflanzen und bilden so nach Jahren einen sauren Rohhumus. Unter diesen Bedingungen gedeiht das Torfmoos am besten. Es wuchert üppig, erstickt jeden Pflanzenwuchs und bringt ganze Wälder zum Absterben. Da in dem sauren Moorwasser keine Fäulnisbakterien leben können, verfaulen die absterbenden Pflanzenteile nicht, sondern bilden sich im Laufe der Zeit in Torf um. Diese Umwandlung kann man im Querschnitt eines Torfschnittes sehr schön sehen: unten ist die Verwandlung bereits vollzogen, während sie oben erst eingesetzt hat.

Torf ist bis heute für viele Familien, insbesondere des wallonischen Venns, das einzige Heizmaterial für die stürmisch-kalten und nebligen Wintertage geblieben. Zwar haben Kohle und Öl auch Einzug gehalten, aber Torf ist eben billiger. Je fetter der Torf, desto besser die Heizkraft. Dunkler, glänzender Torf entwickelt weniger offene Flammen, stattdessen mehr Glut und mehr Hitze. Nicht zuletzt deshalb sticht man ihn bis in Tiefen von acht bis zehn Meter. Eine fürwahr harte Arbeit, immer in gebückter Haltung, dem Regen und den Stechmücken trotzend, und nicht ohne Gefahr in der sagenumwobenen Vennlandschaft.
Heute verwendet man Torf gärtnerisch: er lockert den Boden und wird für Blumenbeete, besondere Arten von Kübel- und Balkonpflanzen geschätzt.
Pfeifengras und Wollgrasteppiche sind bis heute überirdische Merkmale dieser einzigartigen Landschaft, dem höchstgelegenen europäischen Moor, geblieben. Auch die Stimmung des Venns, sein besonderer Reiz bei Wind und Nebel, im gleißenden Sonnenlicht oder bei Gewitter sollte man einmal erlebt haben. Mit Rücksicht auf die Natur muß der Wanderer jedoch geltende Vorschriften unbedingt beachten. Zu oft schon haben unvorsichtige "Naturfreunde " einen Vennbrand verursacht, der für Fauna und Flora verheerende Auswirkungen hat.

Eine der traditionsreichsten Werkstätten der Eifel, die zudem einen weltweit anerkannten Ruhm genießt, ist die Glockengießerei Mark in dem kleinen Vulkaneifelweiler Brockscheid. Hier wird noch wie zu Schillers Zeiten nach uralter Tradition gearbeitet, das heißt, vom ersten bis zum letzten Arbeitsgang "von Hand" gewirkt. Altertümliche Ketten- und Seilzüge sowie ein mit Holz gespeister Flammofen sind die Kennzeichen dieses seltenen Betriebes, der als einer der letzten im Bundesgebiet das alt-ehrwürdige Kunsthandwerk ausübt. Ganze Scharen von Besuchern, Wanderern und Schulklassen besuchen alljährlich die Firma Mark, um Zeuge bei der dramatischen Geburt einer neuen Glocke zu sein oder das Werden eines schwingenden Tones aus den Grundstoffen Kupfer und Zinn mitzuerleben.
Verwirrend viele Arbeitsgänge sind es bis zur Vollendung einer Glocke. So sollen hier nur die wichtigsten und interessantesten kurz nachgezeichnet werden.
Es beginnt ganz nüchtern mit der Aufzeichnung des geschwungenen Glockenprofils, der sogenannten Rippe, auf ein Brett. Diese nach der gezeichneten Form ausgeschnittene Holzschablone dient zur Formung des Rohbaus der Glockenform, des "Kerns", der aus Ziegelsteinen aufgebaut wird. Sodann wird dieser Kern mit verschiedenen feinen Lehmschichten sowie einer dünnen Schicht gesiebter flüssiger Asche überzogen. Der fertige Kern ist der erste Hauptteil der Glockenform. Nun wird die sogenannte "falsche" Glocke in mehreren Lehmschichten auf den Kern aufgetragen und mit Hilfe des entsprechend erweiterten Schablonenbrettes dem Profil des Kerns angepaßt. Um diese Schicht später vom Kern trennen zu können, legt der Glockengießer eine Schicht Asche dazwischen. Wenn die Lehmschichten der falschen Glocke getrocknet sind, beginnt die Feinarbeit des Polierens. Die Lehmschicht erhält zunächst eine dünne Schicht gereinigten Talgs. Durch Kreisen um die gesamte Form mit dem Schablonenbrett werden Zierrillen in die Talgschicht eingekerbt. Schriften, Verzierungen und Bilder werden in Wachs ausgestochen und exakt auf die Talgschicht aufgeklebt.

"Auch des Wappens nette Schilder
loben den erfahrenen Bilder..." (Schiller).

Auf den Kern und die falsche Glocke folgt als letzter Teil der Mantel. Feste Lehmmassen werden aufgetragen, zur besseren Bindung mit Pferdedünger und Kuhhaaren vermischt. Als letzte Schicht erhält der Mantel als Gegengewicht zu dem starken Druck des später einfließenden Metalls eine massive, durch eingelegte Eisenbänder und Hanfeinlagen verstärkte Lehmpackung. Im hohlen Innern des Kerns wird ein Holzkohlenfeuer entfacht, womit bewirkt wird, daß Wachs- und Talgpolitur der falschen Glocke schmelzen und verbrennen, so daß im Innenraum die Vertiefungen zurückbleiben.
Der Mantel läßt sich von der falschen Glocke leicht lösen und wird mit einer Seilwinde hochgezogen. Die falsche Glocke hat ihre Aufgabe erfüllt und kann ebenfalls weggenommen werden. Der Mantel wird nun dem Kern wieder aufgesetzt, nachdem man dessen Inneres mit Erde ausgefüllt und das Hängeeisen eingefügt hat. Zwischen Kern und Mantel ist auf diese Weise der notwendige Hohlraum für die Gußmasse freigeworden. Schließlich erhält die Form noch eine Krone und damit ist sie zum Guß fertig. Sie kann zur Dammgrube befördert werden, um dort mit weiteren Glockenformen "eingeerdet" zu werden.

"Festgemauert in der Erden
steht die Form aus Lehm gebrannt..."

Die Geburt der Glocke geht ihrem Höhepunkt entgegen. Ein holzbeheizter Gießofen bringt die Glockenbronze langsam zum Schmelzen. Vom Ausflußloch des Ofens verlaufen Kanäle zu den Eingüssen der Formen. Mit schweren Eisenlöffeln rührt der Heizer in der brodelnden Glockenspeise. Wenn diese genügend flüssig ist, wird sie mit Zinn legiert (78 % Kupfer, 22 % Zinn). Die Temperatur ist inzwischen auf 1000 Grad angestiegen. Nun wird die Bronze abgeschlackt.

"Auch vom Schaume rein
muß die Mischung sein".

Nach altem Brauch wirft der Meister geweihte Palmen in den Schmelzofen. Damit der Einlauf des Metalls regelmäßig und beständig vonstatten geht, werden Pfropfen in die Eingüsse der Formen gedreht. Die Endphase des Gusses hat begonnen. Stürmisch rast das glühende Metall in dickem Strahl durch die Kanäle, und die Formen beginnen sich zu füllen.

"Rauschend in des Henkels Bogen
schießt's mit feuerbraunen Wogen..."

In wenigen dramatischen Minuten ist alles vorüber. Der Erfolg bleibt verborgen, denn 30 Stunden bleiben die gegossenen Formen in der Erde, ehe sie, aus dem Mantel herausgeschält, vom Kern getrennt und gereinigt, in strahlender Schönheit das Licht der Welt erblicken.
Nun kann die Prüfung des Klanges erfolgen, die über den Erfolg der Arbeit entscheidet.

"Was in des Dammes tiefer Grube
die Hand mit Feuers Hilfe baut,
hoch auf des Turmes Glockenstube,
da wird es von uns zeugen laut..."

Mit freundlicher Unterstützung von Joachim Schröder
Titel: Eifeler Handwerk
Untertitel: Von Torfstechern und Glockengießern
Autor: Joachim Schröder
Copyright: © by Joachim Schröder
gepostet von Joachim Schröder am:
Date: 17.06.2009 15:45
Internet: www.joachim-schroeder.com


Alle Beiträge von Joachim Schröder

Achtung: Neu
Veranstaltungskalender für Brauchtum und Tradition
Terminvorschau

Leben und Arbeiten in der Vulkan- und Westeifel

Eifeler Bauern- und Hauskalender

Brauchtum in der Westeifel
(April 2010)



   Postfach   Impressum   Haftungsausschluss   Disclaimer
Die Brauchtumsseiten    (http://www.brauchtumsseiten.de)
Copyright © by Josef Dirschl, www.brauchtumsseiten.de    -    info@brauchtumsseiten.de
ALLE RECHTE VORBEHALTEN / ALL RIGHTS RESERVED
Suchmaschinenoptimierung mit Ranking-Hits

Haftungshinweis:
Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen. Diese Erklärung gilt für alle auf dieser Website angebrachten Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.