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„Fahrendes Volk” zieht übers Land...
Eine Reminiszenz an ausgestorbene Eifel-Berufe

„Fahrendes Volk” zieht übers Land...
Eine Reminiszenz an ausgestorbene Eifel-Berufe

Durch den wirtschaftlichen und soziologischen Wandel in den letzten fünf Jahrzehnten ist eine Reihe alter Eifeler Berufe völlig ausgestorben. Einigen davon gilt die folgende Betrachtung.

Als stets freundliche Leute galten bis in die 50er Jahre die Scherenschleifer. Diese zogen als Gewerbewanderer quer durch die Eifel, wobei sie ihren kompletten "Betrieb" auf dem Rücken mitschleppten. Die Ausstattung bestand aus einem dreischenkligen Bockgestell aus Holz, zwei bis drei gewichtigen Schleifsteinen und mehreren kleineren Werkzeugen. Vom Frühjahr bis in den späten Herbst waren sie unterwegs, zumeist in den Klein- und Kreisstädten, in Marktorten und größeren Dörfern. Zumeist bezog der Scherenschleifer Stellung an einer belebten Hauptstraße oder auf dem Marktplatz. Schnell umringten Kinder seinen Arbeitsplatz, wo sie das Surren des Schleifsteins und die grellen Funken freudig vernahmen. Auch Fenster und Türen öffneten sich, Bewohner nahmen teil an seinem Tun. Alles, was es im bäuerlich- häuslichen Bereich zu schleifen gab, trug man in seine "Schleiffabrik": Brot- und Schlachtmesser, Scheren, Sensen und Sicheln, nicht zuletzt die "Kneip", das Universaltaschenmesser eines jeden Mannes. Nach getaner Arbeit schulterte der fleißige "Onkel" (Kindermund) sein Gerät und brach ins nächste Dorf auf.
Folgendes Scherenschleiferlied ist uns überliefert:
"Ein Scherenschleifer bin ich vom Rhein,
die Messer schleif ich spitz und fein:
Tra di ri di di rallala,
die Messer schleif ich spitz und fein.

Von Dorf zu Dorf ich mein' Schleifstein drück,
keine Straße führt mich nie zurück.
Mein Schleifstein tanzt ohne Unterlaß,
die Funken spritzen, wie freut mich das.

Schaut her, wie meine Räder blinken,
die Mädchen tun mir alle winken
mit dem Messer und mit der Schere,
wie wenn ich ihr Liebster wäre.

Nun hat geschliffen alles spitz und fein
der arme Scherenschleifer von dem Rhein:
Tra di ri di di rallala,
der arme Scherenschleifer von dem Rhein."

Im Gegensatz zum Scherenschleifer kam der Kesselflicker nie allein, sondern immer mit Gefolge. Er hatte die ganze Familie dabei, die sich in einem von einem Pferd gezogenen Wohnwagen aufhielt. Meistens schlugen die Kesselflicker ihre Werkstatt am Rande der Ortschaften auf, wo sie sich oft bis zu vier Tagen aufhielten. Das Gewerbe der Kesselflicker war nicht so hoch angesehen bei den Dorfbewohnern, so daß sie verächtlich auch "Zigeuner" geschimpft wurden. Nach der "Einnahme" des Wohn- und Arbeitsplatzes gingen Frau und Kinder im Dorf umher und schleppten das Geschirr, das zur Reparatur anstand, zur Arbeitsstätte des Mannes: Kochkessel, Töpfe, Pfannen, Viehtröge und Dachrinnen. Nun konnte die Flick- und Lötarbeit beginnen, ehe der klapprige Wohnwagen mit Frau und Kindern sowie der spärlichen Habe zum nächsten Dorf aufbrach.

"Kauft Beseme, kauft Beseme! Brocht Dir Beseme?" Mit diesem Ruf schreiten die Besenbinder von Haus zu Haus. Ihr Ruf ertönt in Haus und Hof. Nach langen Wintern in warmen Bauernstuben zieht es die geselligen Burschen und Männer bei der ersten Märzsonne in die Dörfer, dick bebündelt mit Besenbürden. Was ihr Winterfleiß gefertigt, will jetzt an den Mann gebracht werden. Besen brauchte man überall, und so kaufen die Bauern, Händler und Marktleute ihren Anteil für das ganze Jahr. Draußen im Winterwald wuchsen die Birkenreiser und die Haselstöcke, die als weiße Reifen den Besenstock zusammenhalten. Die Besenbinder sind stolz auf ihr Handwerk: für sie ist ein Besen mehr als ein bloßes Werkzeug, mit dem Hof, Stall und Scheune gefegt werden. Viel Aberglaube war im Spiel, wenn man an den Besen als uraltes Zaubermittel zurückdenkt. Auf Reiserbesen reiten die Hexen in der Walburgisnacht, und alte Besen gehörten in das Feuer der Sommersonnenwende und ins Martinsfeuer: waren sie verbrannt, so war man "des Alten" endgültig los (Winter, Dämonen, Unglücksgeister).

Früher übte der Kappesschneider, auch "Krauthobler" genannt, sein Amt aus. In den Wochen des November und Dezember zog er zu den Bauern, die nicht selbst ihren Weißkohl schnitten, um ihn anschließend in den Gewölben des kühlen Kellers zu dem beliebten Sauerkraut reifen zu lassen. In großen Wannen und Körben schufen die Leute ihre Kohlköpfe herbei, entblätterten diese grob und bohrten die Strunkenden heraus. In die Backmulde des schweren Küchentisches spannte man ein frisches Leintuch, ehe die Arbeit des Kappesschneiders begann. Mit Hilfe dreier scharfer, schiefstehender Messer, eingelassen in einen hölzernen Schieber, rieb er zugleich mehrere unter sanften Druck der Hände. Unter dem Messer "vergingen" die Kappesköpp", oftmals hunderte in einer Familie. Die "Mohl" füllte sich indessen, wurde mehrmals entleert und wieder gefüllt. Die Frauen schufen das Gehäcksel in Körben in den Keller, wo es zumeist der Großvater in das Musdöppen verfüllte. Es legte es in Schichten ein, salzte jede für sich und beschwerte schließlich das Eingemachte mit einem Tuch und einem Wackestein. Wacholderbeeren, Lobeerblätter oder ein Schuß Viez gehörten ebenso hinein. Der Kappesschneider erhielt nach getan er Arbeit einen kräftigen Eifeler Korn, ehe er sich mit seinem "Schraber" über der Schulter in das nächste Haus aufmachte. Für die Familie und die Kinder war sein Auftritt im eigenen Haus immer ein besonderes Erlebnis. Er wußte viel zu erzählen, galt als freundlicher Geselle und als Vertreter einer Zunft, die es im rechtlichen Sinne gar nicht gab. Zumeist erhielt er nur ein geringes Trinkgeld für seine Tätigkeit.

Ein wichtiger Alt-Eifeler Beruf waren früher die Hausierer und Händler. Diese oftmals originellen Typen waren eifelweit bekannt, standen in mäßigem Ansehen und galten als kernige, kantige Gesellen. Ihre Tätigkeit war der Universalhandel. Sie hatten von allem etwas in ihrem Hausiersack: Hosenträger und Schuhriemen, Wolle, Textilien, Haus- und Küchengeräte, Bürsten, Fußmatten und Strümpfe. Messer, Knöpfe und Riemen waren die Verkaufsschlager. Sie klopften an jedem Haus und konnten so manche Frau von ihrem materiellen Bedürfnis nach ihren Waren überreden. Als Hausierer zogen umher Kesselflicker, Verzinner, Korbmacher, Kirmesbudenbesitzer, Abdecker, Topfhändler und andere mehr. Auch Bettler traten ins Haus ein, erhielten unter Beten und Flehen oft etwas zu essen oder einen Heller. Einer der letzten Geschirrhändler aus der Eifel war M.A. aus Schönecken. Mehr als 40 Jahre übte er seinen Beruf aus. Er trug seine Ware in einer Hotte auf dem Rücken. Platten, Schüsseln und Teller, alles "Erdenpöttchen", legte er fest in- und aufeinander, so daß möglichst viel hineinpaßte. Blumentöpfe und Geschirre mit Henkel band er an einen kräftigen Haselstock, der fest in der Kiepe steckte. Die geladene Hotte wog annähernd zwei Zentner. Mit dieser ungeheuren Last wanderte "Kamphausen", wie er nach dem Hausnamen genannt wurde, Tag für Tag durch die Dörfer der Eifel. Er erschien in Eifeler Tracht, im blauleinenen Kittel mit buntem Halstuch und schwarzer Schirmmütze. Jede Woche, so wird berichtet, kam er nach Schönecken zurück, um seine Hotte neu zu laden. Mit Vorliebe besuchte er kinderreiche Familien, denn da wurde das meiste gebraucht. Manchmal übernachtete er in Häusern und für's Essen war immer in den Bauernhäusern gesorgt. Er selbst zeigte sich dann erkenntlich, verschenkte ein Täßchen oder gar einen Kindernachttopf. Man erzählt, daß er auch als Heilichmacher" (Heiratsvermittler) tätig war, und das brachte ihm immerhin auch noch ein paar Groschen. Noch mit 82 Lenzen ging er auf den Handel. Er starb 1928 in seinem Heimatort. Weit über die Eifel hinaus bekannt wurde auch der Dichter und Händler Peter Zirbes aus Niederkail. Aus seiner Biographie wissen wir, daß seine Eltern bereits von der Großmutter einen Esel und Waren borgten, um "auf Handel" gehen zu können. An den Seiten der Tiere hingen die Strohkörbe, gefüllt mit Steingut und Glaswaren aus aus saarländischen Hütten. In einem selbst verfaßten Gedicht zählt Zirbes die Produkte auf, die er auf seinen langen Reisen, die ihn zumeist an die Nahe und den Glan führten, feilbot:
"Bemalte Gläser auch mit Griffen
aus Böhmen, glatt und schön geschliffen
und Tischkaraffen mit Gestell,
Champagnergläser schön und hell.
Das Glas hat man wohl nirgends besser
von Wadgassen und Fennerhütt'
Bouteillen, Seidel, Stengelgläser
bringt jeden Monat Zirbes mit.
Zylinder, Pumpen, glas'ne Lichter
und Vogelgläser, sowie Trichter,
Salzkannen und für Branntewein
Flaschen und Gläser, groß und klein.
Von Wallerfangen Frühstückstassen,
bedruckt, einfarbig und bemalt,
mit Henkel dran, um anzufassen,
acht Kreuzer wird für' Stück bezahlt.
Verschiedene Muster Kaffeekannen,
Lavoir mit Becken, Büttchen, Wannen,
Compottchen, karree und gerippt,
und runde Tassen blau getippt.
Dergleichen mit Rosettenkränzchen,
auch marmorierte, rot und blau
und Vöglein drauf mit roten Schwänzchen,
sieht hier man ausgestellt zur Schau.
Salatchen, Teller, Steingutplatten
für Fische, lang und rund für Braten,
Nachttöpf' mit rund und flachem Rand
und Prozellan aus Sachsenland."

Ein Zeitgenosse schrieb damals über den "wandernden Steinguthändler Zirbes":
"In Wind und Wetter ziehen die Wanderer umher. Ein Strohbündel ist ihr Lager, die dürftigste Kost ihre Nahrung und der Ertrag des Handels läßt eben auch keine Seide gewinnen..." (W.O. Horn, 1852).

Wie damals ein Handel vor sich ging, auch das beschreibt der Dichter Zirbes in einem Dialog:
Steinguthändler:
"Kaaft och borzline Kaffeeschale!"
Frau:
"Heh, kommt emool erren!
Loaßt siehn, waan se mer aag gefalle,
wann'd voan de räschde sen."
Steingutjändler:
"Geweß dann senn ed voan de regde.
Gockt nor'n emoal elloa,
daad senn warhaftich gar ke schlechte,
gesprenkelt rod onn bloa".
Frau:
"Ei, däde se noch lenger halle,
dei Schale wäre schen.
Doch wenn se off de Boarem falle,
dann sen se korz onn klän.
Mer breischd sech helzine anseschaffe
bei so viel kläne Kenn.
Die kennd mer doach voam Boarem afraffe,
da die doach sterker sen".
Steinguthändler:
"Etz Fraige, sprecht nedd lang en Ordel
onn denkt emoal zereck,
daad Breche daad eß use Vordel
onn oag voan der Fawerek.
Denn wann en Saach ded ewig halle,
waad wärend dann aag noach,
dann ded's äm gleich neddmeh gefalle
onn meist's behalle doach.
Onn macht mer aag ned lang Gremasse,
eich hoan noach weid ze gehn.
Gefalle auch ned mei Kaffeetasse,
dann packe eich se enn".
Frau:
"Die Schale dede mer gefalle,
doch sahd woad aß de Brees?
der west, eich kann nedd vill bezahle,
se wäre gaud ald wees."
Steinguthändler:
"Det Steck kost nore vofzeh Pennig".
Frau:
"Noah, verzeh dauned aag".
Steinguthändler:
"Daad eß beim Deiwel doach ze wenig.
Noahfort , d'eß awgemach.
Onn well der Brees oog nedd gefalle,
onn braucht der soos neist mieh,
dann brauch eich mich nedd offsehalle,
dann soahn eich oach: Adjieh!"

Das Original unter den Hausierern war der in der Eifel bekannte "Hornickel". Seine Welt war die Landstraße. Ärmlich gekleidet, oft nur in Lumpen oder Sackleinen gehüllt, mit einem tief heruntergezogenen Hut auf dem Kopf und einem Sack auf dem Rücken, war er der Kinderschreck. Man wagte sich nicht nah an ihn heran, Kindern drohte man mit: "Der Hornickel wird dich mitnehmen". Von ihm wurde eine Postkarte mit seinem Konterfei vertrieben, auf der zu lesen stand:
Von Andernach bis Gerolstein,
da ist die ganze Eifel mein,
von Gerolstein bis Trier,
gehört sie auch noch mir!
Das Original hatte es nicht immer leicht. Oft mußte er sich Beschimpfungen anhören, wurde von den Einheimischen ob seines Aussehens beleidigt, von der Polizei verfolgt und aus Ortschaften hinausgewiesen. Was er sich zuschulden kommen ließ, ist nicht überliefert.

Zu einer besonderen Gruppe Eifeler Originale gehörten die Musikanten. Sie brachten in den eintönigen Alltag der Menschen oder in die ruhevolle Stimmung der Sonntage etwas Abwechslung. Sie kamen mehrmals im Sommer in die Dörfer und Städtchen und gaben hier ihr Standkonzert. Die Trupps bestanden mal aus vier oder fünf, mal aus über zehn Mann, die sich auch untereinander abwechselten und ihre Auftritte genau planten. Stets trugen sie blaue Kittel und blaue Schirmmützen. Die Dorfmusikanten spielten auf Blasinstrumenten: Trompete, Horn, Klarinette. Sie plazierten sich im Dorf am Brunnen und legten mit einem zünftigen Marsch los. Läden und Fenster öffneten sich, die Jugend stürmte hinaus und umlagerte sie. Fuhrwerke hielten an, Bauern lauschten und suchten nach einem Heller in ihren verstaubten Taschen. In einer Mütze sammelte sich das Kleingeld. Das Platzkonzert dauerte vielleicht eine Stunde, ehe nach dieser willkommenen Abwechslung der bäuerliche Alltag wieder seinen gewohnten Gang nahm. Der letzte Musikantentrupp wurde 1916 in einem Dorf bei Daun gesehen.

Als ein hochangesehener Wandergewerbeberuf in der Eifel galt der Postillion. Wichtige Querverbindungen in verkehrswirtschaftlicher Hinsicht wurden durch Postkutschenlinien hergestellt. Dieser Kutschenverkehr unterstand den Posthaltereien, die meist größere Bauern- und Fuhrbetriebe mit leistungsfähigen Pferden darstellten. Wirtschaftlich wichtige und günstig gelegene Orte besaßen derlei Posthaltereien.

Reisende Handwerker zählten zwar nicht zum fahrenden Volk, sollen aber hier Erwähnung finden, da auch sie in regelmäßigen Abständen in die Bauernhäuser kamen. Schuster, Schmiede, Weber (das waren zumeist Maurer, die im Winter webten), Stellmacher, Sattler, Schmiede und Schreiner verrichteten hier ihre Arbeiten, da auf dem Bauernhof Werkzeuge und Rohmaterial wie Nägel, Draht, Glas oder Pech vorhanden waren. Wäscherinnen und Näherinnen kamen ebenfalls in die Häuser. Die Handwerker brachten auch neues Wissen mit ins Bauernhaus. So erfuhren die einfachen Bauersleute vom Nagelschmieden, Blaufärben, Backofenbauen oder Spinnrädermachen. Nach Zender ("Gestalt und Wandel") waren sie die besten Sagenerzähler. Erst abends verließen die fleißigen Handwerker, nicht ohne einen "Trep" getrunken zu haben, mit einer Strohfackel oder einer Laterne den Hof, um nach Hause zu gelangen.

Mit freundlicher Unterstützung von Joachim Schröder
Titel: „Fahrendes Volk” zieht übers Land
Autor: Joachim Schröder
Copyright: © by Joachim Schröder
gepostet von Joachim Schröder am:
Date: Thu, 5 Mar 2009 15:40:34 EST
Internet: www.joachim-schroeder.com

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