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Kindleinwiegen, Kindl wiegen
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Kindleinwiegen  —  Kindl wiegen

Damals in Bethlehem war alles dürftig, dunkel und kalt. Da fehlte Liebe und Pflege der Menschen. Nun aber steht nicht blos eine kleine Schar von Hirten, sondern das ganze Christenvolk jung und alt an seiner Krippe, schaut dem lieblichen Kind in`s Auge, freut sich seines Heiles und erwägt seine Pflicht und seinen Glauben. Die ganze Christenheit wird nun die lieb erfüllte Pflegerin. In Bethlehem war keine Wiege, darin in warmen Schlummer das königliche Kind ein gewiegt ward. Nun singt alles Volk an seiner Wiege, fromme Herzen wiegen es ein. Ein deutscher Prediger des 13. Jahrhunderts spricht zart und schön:

„Un reht gelicher wise als diu heveamme leget blumen in die wiegon alder in de betteli, in dem de kindeli liget, also soltu reht och legen un streuwen die blumen der tugende in die wiegon un in de betteli dinez herzen, das kindeli Jesus dester gerno darinne ruwege,(daß das Kindlein Jesus desto lieber darinnen ruhete.)“

Wie das Kindlein im Herzen, darin es allein immer neu wieder geboren werden soll, immer neu gewiegt wird, so stellte es der alte Brauch vor Augen dar.

In Frankreich, Italien und Deutschland, wohl in allen katholischen Ländern, war hinter dem Altar eine Krippe aufgestellt. „Brüder, ruft der Abt Guerricus im 12. Jahrhundert aus, auch ihr, auch wir haben heute das Kind gefunden in Windeln gehüllt und liegend in der Krippe des Altars. “ Die heilige Jungfrau war im Bilde dargestellt. Ein Knabe verkündet als Engel die Geburt Christi. Die Hirten kommen und singen: Friede auf Erden. Es finden Wechselgespräche statt. Vor dem Altare wird eine neue Messe gelesen. Und unter Liedern wird das Kind gewiegt.

Es waren nicht überall die gleichen Bräuche. In manchen Orten stellte man dar, wie in der Nacht die Priester das Kindlein suchten, fanden, wiegten, dem Volke zeigten. Aus einer alten Handschrift von geistlichen Liedern zitiert man die Anmerkung: „Zu den Weihnachten der fröhliche Hymnus a solis ortus vardine und so man das Kindel wiegt über das resonet in landibus, hebt unsere Frau zu singen an in einer Person: Joseph, lieber Neffe mein, so antwortet in der andern Person Joseph: Gerne liebe Mueme mein. Danach singt der Chor die anderen Verse in einer Dienerweise, danach der Chor“ A solis ortus cardine war ein altes Lied des Dichters Sedulius, worin die Geburt Christi drastisch dargestellt wird. Resonet in laudibus ist eins der alten lateinischen Weihnachtslieder, die zum Kindelwiegen gesungen werden.
„Sunt impleta, quac pracdixit Gabriel, Eia, Eia, Virgo Deum genuit, quem divina voluit clementia.“ Was später von Sprangenberg übersetzt wurde als: „Wir loben All` das Kindelein Etc.“
Zu ähnlichen Zwecken dienten bis in neuere Zeit auch die bekannten Lieder „Dies est laetitae“, „Qucm pastores laudavere“ und andere. Das Lied: „Joseph, lieber Joseph neve mein“ war ein Wechselgesang, der weit verbreitet war. Maria fordert darin Joseph auf, ihr das Kindlein wiegen zu helfen. Es ist zu beachten, dass sie ihn Neffe, er sie Muhme anredet, denn es soll nicht ihr Eheverhältnis hervor gehoben werden. Aber sie waren beide miteinander verwandt, denn sie stammten beide vom hause Davids. In einem anderen Weihnachtslied wird gesungen:

Sausa ninne, gottes minne,
nu sweig und ru!
wen du wilt, so wellen wir deinen willen tun.
hochgelobter edler furst, nu sweig und wein auch nicht, tuste das, so wiss wir, dass uns wol geschicht.

Sausaninna, Sausaninna war ein Wiegenlied aus der spielenden Sprache der Mütter und Wärterinnen, die Kinder einzuschläfern. Daher es auch Luther in seinem schönen Liede: „Vom Himmel hoch da komm ich her` ich her“, das er ein „Kinderlied auf die Weihnachten vom Kindelein Jesu“ nannte, in der 14 Strophe einflocht:

„Davon ich allzeit fröhlich sei,
Zu springen, singen immer frei
Das rechte Susaninne schon,
Mit Herzenslust den süßen Ton “.

„Die Kinderwiegenlieder“ gehören zu einer besonderen Gattung geistlicher Lieder, die an dem Fest mit großem Jubel, aber nicht ohne Tumult und jeweilige Unordnung, gesungen wurden. Die Weihnachtsspiele von der Geburt Christi flechten die Wiegeszene desgleichen ein. Ein Schauspiel aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stellt Joseph „mit erbärmlicher Stimme“ singend und wiegend dar. Zuletzt fällt er sogar in`s Hebräische wie folgt: „Hojah, hojah, almelohah, jaledah acthaseschar lanu nathan elohah“, was auf deutsch heißt: „Hojah, hojah, die Jungfrau Gottes ist geboren, den uns Gott gegeben hat.“
Der fromme Witzel schreibt: „Erstlich wird am heiligen Christtag an etlichen Orten exhibiert (die Krippe ausgestellt), beide in der Heiligen Nacht und des Abends zum Vesperlobe; dadurch angezeigt wird die selige Geburt unseres Seligmachers Christi, als mit der Repräsentation des Städtleins Bethlehem, der Engel, Hirten, den drei Königen, da auch die Knäblein im Gesange resonet in öffentlicher Sammlung auf und nieder springen und mit den Händen zusammen schlagen, die große Freude anzeigen, welche alles Volk von dieser Geburt hat und haben soll. “
Ebenso wird aus der Stadt Hof berichtet:„ Am heiligen Christtage zur Vesper, da man nach alter Gewohnheit das Kindlein Jesus wiegte, wie man` nennte, schlug der Organist das: Resonet in landibus, in dulei jubilo, Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen das Kindlein, ein u.s.w. welches der Chor sang und schickten sich solche Gesänge wegen ihrer Proportion fast gar zum Tanze. Da pflegten denn die Knaben und Mägdlein in der Kirche aufzuziehen und um den Altar zu tanzen, welches auch wohl alte Lappen täten, sich der fröhlichen, freudenreichen Geburt äußerlicher weise dadurch zu erfreuen und derselben sich zu erinner, welches man damals den Pomwitzel- Tanz zu nennen pflegte.“

Von reformierender Seite aus war daher das Spiel getadelt und entfernt. Moller deutet darauf hin, wenn er in seiner Praxis evangelica sagt: „Ei nun, liebe Seele, so wiege und bewege auch deinen neugeborenen König und gönne ihm, dass er in deinem Herzen ein Ruhebettlein habe.“
Joh. Matthesius verfasst Wiegenlieder, „nicht in den Kirchen sondern zu Hause zu singen.“ Schon Johannes Boemus sagt von den Franken: „ Mit welcher Freude nicht bloß die Geistlichkeit, sondern auch das Volk den Geburtstag Jesu Christi in den Kirchen begehe, kann daraus geschlossen werden, dass Knaben und Mädchen um eine kleine Puppe, die auf dem Altar gestellt ist und den Neugeborenen darstellt, jubelnde Tänze aufführen und die Alten dazu nicht viel anders singen, als einst in der Höhle des Berges Ida die Corybanten um den schreienden Jupiter getobt haben sollen.“ In der humanistischen Zeit kamen die Vergleich mit dem Heidentum wieder, welche die alten Väter kaum überwunden. Noch Johannes Damascenus ruft aus: „Ich bitt dich, wessen Bild verehre ich denn! Etwas Apoll`s....oder das Bild unseres herrn Jesu Christi, in welchem mir seine Ankunft in`s Fleisch dargestellt wird... etwa der Artemis, welche die Griechen als Mutter aller Dämonen fabeln oder das Bild der Jungfrau Maria.... der Mutter unseres Herrn Jesu Christi.“
Es wurde während der heftigen Kämpfe zwischen katholischer und protestantischer Lehre im 17. Jahrhundert auch dieser Brauch, wie der andere Cultus, ein Gegenstand der Kontroverse. Martin Hommer sagt: „Im Papsttum meint man, man habe dem Christkindlein wohl hofiert und seine Fröhlichkeit zur Genüge sehen lassen, wenn man eine Wiege mit einem hölzernen geschnitzten Kind auf den Altar setzt und hernach Jung und Alt als lebendige Götzen sich herum setzen, das Christkindlein wiegen und den Götzen ansingen. Hiermit, meinen sie, haben sie es wohl getroffen und mit ihrem kindischen Gusaninne den rechten süßen Ton gesungen, aber es ist Tockenwerk und Kinderspiel, ja im roten Grund Götzen- und Narrenwerk.“ Prätorius schließt seine Saturnalia (p.414, Propos.66) damit: „Die Paptisten haben aus dem Weihnachtlichen Fest ein schönes Lügenlied gelernt. So meinen die Narren zwar und singen dannenhero immer getrost bei den Boyen drauf los: Ich wollte mich zur lieben Maria vermieten, ich sollte ihr Kindlein helfen wiegen; sie führt mich in ihr Kämmerlein, da waren die leiben Engelein, die sangen alle: Gloria, Gloria, gelobet sei Maria! das ist eine katholische Fratze. Es heißt viel gerechter bei uns: Gelobet seist Du Jesu Christi etc. oder: Soli Deo Gloria per Jesolum.“
Wie eingewurzelt der Brauch in ganz Deutschland war, lehrt eine Sage aus dem Preetzer Kloster, die Müllenhoff mitteilt: „Dort war früher die Sitte, in der Christnacht Gottesdienst zu halten, wobei von den Klosterfräulein das Christkind gewiegt wurde. Als man diese Sitte abschaffen wollte, so ertönte dennoch die Orgel zu der bestimmten Zeit. Ein Fräulein wunderte sich darüber und meinte, es sollte doch wohl Gottesdienst gehalten werden und ging mit ihrer Jungfer zur Kirche. Aber in der Kirche war ihr alles so wunderbar und als sie sich eben in ihren Stuhl nieder gesetzt hatte, kam ein weißgekleidetes Fräulein zu ihr und sagte, sie solle hingehen und den Anderen sagen, sie möchten Weihnachtsabend halten, sonst würde sie ihn halten. Die Klosterfrau tat, wie ihr befohlen war; aber als die Anderen darauf zur Kirche gingen, konnte sie schon nicht mehr mitgehen und drei Tage darauf war sie tot, “ Diese Sage offenbart, wie eng der Brauch mit der katholischen Sitte zusammen gehangen hatte. Übrigens hat alles Eifern nur sehr langsam die ursprüngliche liebliche Feier, die später entartete, auch aus dem protestantischen Leben entfernen können.

Im sächsischen Crimmitschau hing mit der Aufstellung der Krippe der Brauch zusammen, dass vom Dach der Kirche ein Knabe am Strick herunter gelassen wurde, der Kreuz und Kleidung der Engel trug und das Lied: „Vom Himmel hoch da komm` ich her“ dabei sang. Die Sitte hielt so lange aus, bis einmal der Strick riss. Noch in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts galt in Thüringen der Brauch, dass in der Christnacht um 12 Uhr das Jesuskind eine Stunde lang auf dem Turm der Hauptkirche gewiegt wurde. In einer kleinen mit Lichtern umstellten Wiege lag die Puppe und während des Schaukelns blies die Musik den Choral: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ Dann sang das Volk auch wohl ein weltliches Wiegenlied. Wegen der Unordnungen wurde die Sitte abgeschafft.

Auch nicht bloß katholische Lieder wurden noch in der Kirche zur Wiege gesungen. Auch in altlutherischen Liedern stellte man sich im Geiste an die Krippe Jesu, sie zu wiegen. In einem schönen Liede heißt es:

„Bethlehem, uns wundert Alle, wie es nur zu mag gehen, dass in einem kleinen Stalle kann der ganze Himmel stehen. hatte der Mond und Sternenmenge Raum in einer solchen Enge. Komm` ich will anstatt der Wiegen die mein Herze räumen ein, da, da sollst du sanfte liegen, da soll deine Ruhe sein.“

In einem anderen Lied:

Im Stall, im finstern Ort, muß dich, du wahres Wort, die harte Kripp` umgeben; jetzt wiegt mein Herz dich ein, mein Glaub` soll Windeln sein, die Milch mein reines Leben. Nun schlaf, mein Jesulein, in meinem Herzen ein; ich will dich fleißig wiegen; sei du auch meine Ruh`, wenn ich werd` Augen zu im festen Grabe liegen.

Das berühmte Lied von Joh. Rist: „Ermuntere dich, mein schwacher Geist“ ist in den meisten neueren Gesangsbüchern abgekürzt. Seine ursprüngliche siebente Strophe lautete: „

O bleicher Mond, halt eilig ein, den blassen Schein auf Erden! wirf einen Glanz zum Stall hinein, Gott soll gesänget werden; ihr hellen Sterne, stehet still und horcht, was euer Schöpfer will, der schwach und ungewieget in einem Kripplein lieget.“

Gregor Strigenitz sagt in seiner dritten Weihnachtspredigt: „Etliche wollen, es solle bis deutsche Wörtleim Weihnachten seinen Ursprung und Herkommen haben von dem wiegen, das Weihnachten so viel sei als Wiegenacht und dies darum, weil sich Christus in dieser Nacht als ein kleine Kindlein hat einwickeln und einbinden und in eine Krippe anstatt der Wiegen legen lassen. Und die lieben Alten haben vor Zeiten und der lieben Jugend willen das Kindlein zu diesem Fest mit schönen, fröhlichen und lieblichen Gesängen in der Kirche wiegen lassen. “

Aus dem Buch „Weihnachten“ Ursprünge, Bräuche und Aberglauben. Ein Beitrag zu Geschichte der christlichen Kirche und des deutschen Volkes von Paulus Cassel, Professor und Licentiaten der Theologie.; von 1862
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