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Das Kirchweihfest
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Das Kirchweihfest  —  von Rudlof Reichardt, 1911

Andere Namen für die Kirchweih sind Kirmes, Kirwa, Kirchtag, Kirtag, Kirta, Kerb, Kirb, Kermes, Kemmes, Kier, Kirbe, Kerwe, Kärwe, Kirda, Kerms, Kermst, Kärms, Kilwi, Kilbi, Kärmst, Chilbi und viele weitere.

Eins der volkstümlichsten Herbstfeste, das in vielen ländlichen gegenden Deutschlands zugeleich das Hauptfest des Jahres bildet, ist die Kirchweih, Kirmeß, Kirwe, Kilbe, oder Kirta.

das Kirchweihfest läßt sich seinem Ursprunge nach bis in die ältestene Zeiten zurück führen. Schon im grischischen Altertum war es eine stehende Sitte, alles, was zu gottesdienstlichen Zwecken verwendet wurde, vorher zu weihen. Das neugegründete Tempelhaus wurde mit heiligen Zweigen, Kränzen und Bändern geschmückt, das Volk aber brachte die Erstlingsgaben der Feldfrüchte als Opfer herzu.

Auch die Juden kannten das Fest der Tempelweihe. Zur Zeit Christi wurde es noch begangen. Das Christentum behielt das Kirchweihfest bei, aber nicht nur als eine einmalige Feier, sondern das Andenken an die erste Weihe wurde jedes Jahr im Kirchweihfeste wiederholt. Im Mittelalter wurden die Tage mit besonderem Glanze gefeiert. In Dorf und Stadt wurden vor den Kirchen jahrmarktähnliche Buden und Verkaugsstände aufgebaut und sobald der Gottesdienst zu Ende war, wurde eine Verkaufsmesse eröffnet, welche man Kirchweihmesse, oder kurz Kirch- oder Kirmesse nannte. So entstand das Wort Kirmess. Die Bezeichnungen Kirwe, kerwe oder Kilbe am Rhein stammen von Kirchweih, Kirta in Bayern von Kirchtag ab.

Daß die Kirchweihfeste meist in die Herbstzeit fallen, hat darin seinen Grund, daß die eigentlichen erstmaligen Kirchweihtage meist in einer Jahreszeit begangen wurden, wo der Landmann durch seinen Beruf vollauf in Anspruch genommen war, und man beschloss, die alljährlichen Gedächtnistage in die von größeren Arbeiten freie Herbstzeit zu verlegen. So mag es auch gekommen sein, daß ältere, aus der Zeit der altgermanischen Herbstfeiern stammende Volsbräuche sichmit dem Kirchweihfeste ebenso verbunden haben, wie mit dem Michaelis- und Martinstage. In Thüringen, “richten sich” die Kirmessen nach gewissen Kalendertagen, z. B. nach “Gallus” (16. Oktober) oder “Ursula” (21. Oktober) oder “Simon und Judä” (29. Oktober). Man spricht also z. B. vom 2. oder 3. Sonntage nach “Gallen”, auf welchen die Kirmess fällt. Dies Festfeier an einem bestimmten Tage im Herbst zu begehen, ist aber in Thüringen erst in den letzten 70 Jahren¹) festgelegt worden. Früher war das anders. So wurde mir von einem alten erzählt, daß in einem Dorfe auf eine sonderbare Art der Tag der Kirmess bestimmt worden sei. Waren endlich die letzuten Früchte der Ernte unter Dach und fach gebracht, so erkundigte sich der wohlweise Dorfvorsteher bei einigen Gemeindegenossen, ob ihnen die Kirmessfeier am nächsten Sonntag genehm sei. Stieß er auf keinem Widerspruch, so pflegte er seinem Nachbar seinen großen mit gelben Nägeln beschlagenen Schulzenstock in das Haus zu schicken. Dieser erkannte sofort seine Bedeutung und gab ihn dem Nachbar, so daß er schließlich bis zum Ende des Dorfes oder zurück zum Schulzen wanderte. Wußte nun das ganze Dorf den Willen des gestrengen Ortsoberhauptes, dann begann ein fröhliches Leben und Treiben, ein Kehren und Scheuer, ein Schlachten und Backen: Es war am nächsten Sonntage Kirmess.

Manch sinniger Volksbrauch war in ältester Zeit mit der Kirmess verbunden, der im Strome unserer schnelllebigen Zeit untergegangen ist. Jetzt besteht das Fest nur noch in einigen frohen Vergnügungs- und Eßtagen, zu welchen auch die “Freundschaft” sich einstellt. Schon Wochen vorher ladet der Bauer Freunde und Verwandet ein. Seine Söhne und Töchter, welche in der Stadt weilen, kehren zum Elternhause zurück, der junge Vaterlandsverteifiger verzichtet leiber auf den Urlaub am Weihnachtsfeste, wenn er es ermöglichen kann, zur Kirmess auf einige Tage der Garnison den Rücken zu kehren. So ist die Kirmess zu einer Art Famielienfest großen Stils geworden. Im Schwarzwald besucht man am ersten Kirmesstage pietätvoll die Gräber der Verstorbenen des Hauses. In den festlichen Tage schaffen Küche und Keller ungeheuere Mengen von Vorräten heran und auch die ärmste Familie feiert das Fest bei reichlicher Fleischmahlzeit:

Wenns Kirmess wird, wenns Kirmess wird,
Da schlacht` mein Vater ’n Bock,
Da tanzt meine Mutter, da Tanzt meine Mutter
Mit ihren buntem Rock.

So fingen die Kinder allenthalben in Mitteldeutschland wochenlang vor dem Feste in froher Erwartung und in Norddeutschland rühmen sie von der Kerwe:

Wenn de Kerwe kümmt hera,
Gehtdas gute Essen a,
Wenn de Kerwe is vorbei,
Essen wir wieder Wasserbrei

Den Gästen wird ein Teil des festlichen Mahles im großen Bündel, dem “Kirmess- oder Ihrbringel” (Sammelbündel) mit auf den Heimweg gegeben und auch die Armen erhalten ihren Tribut, den sie sich an den Häusern erbitten. das ersehen wir aus einem Kinderliede im Vogtland:

Die Kuchen sind gebacken,
Wir hören den Ofen knacken.
Gebt uns ein Stückl weißen, Wir woll`n ihn schon zerbeissen.
Gebt uns ein Stückl dicken,
Wir woll`n uns schon frein schicken.
Und ist der Kuchen nicht geraten,
Gebt uns ein Stückl Schweinebraten.
Und ist die Kirmess noch nicht bald aus,
Gebt uns einen ganzen Kuchen heraus.

In früheren Zeiten gehörten fröhliche Spiele und Tänze auf dem grünen Anger zur Feier der Kirmess. Da sah man gar drollige Aufzüge der Kirmessburschen, verkleidete Figuren, den “Baias” (Bajazzo), welcher mit seiner Holzpritsche unter der gaffenden Jugend Hiebe austeilte, voran dann der oberste der Burschen, der “Platzmeister”, begleitet von seinem Adjudanten, dem “Platzknecht”, welcher mit bunten Bändern geschmückt war. Ein Zigeuner führte einen brummenden Erbsbär einher und auch der feine waren ausbietende Haussierer, der Leierkastenmann und der Medizinmann durften nicht fehlen. Der Zug bewegte sich zuerst zum Pfarrer und Gutsherrn. Der Platzmeister hielt eine Ansprache, und klingender Lohn war der Erfolg. So zogen sie von haus zu Haus; gab`s Kuchen, Würste oder Eier, so wurden sie in einen Korb gelegt, welchen ein als altes Weib verkleideter Bursche hinkend auf einer Karre einherfuhr.

Dann gings zum Dorfanger unter die noch am bunten Vlätterschmuck des Herbstes prangende Dorflinde. Dort begannen allerlei Kirmessspiele. Obenan stand das “Hahnschlagen”, das noch heute hier und dort üblich ist. Die “Hahnbraut”, d. h. dajenige Mädchen, welches einen Hahn mit einem Dreschflegel erschlug, wurde in feierlichen Zuge einhergeführt. dann begann der Kirmesstanz. In Kammerforst in Thüringen geleiteten die Burschen die Mädchen zu pferde zum Dorfanger und der Platzmeister eröffnete den reigen mit einem “Schleifer”, jenem echtdeutschen Nationaltanz, welchem der Walzer seinen Ursprung verdankt. Auch noch andere Kirmesstänze müssen getanzt sein z. B. der “Kiffeltanz”, der “Girlitz” oder ein Tanz, dem die Melodie des bekannten Kinderspielliedes zu Grunde lag:

Bauer hast du Geld,
Si sa, Kirmessgeld usw.

oder

Es fuhr ein Bauer ins Holz,
Ins Kirmesholz usw.

In Thüringen trugen die Mädchen ein “Tanzhemd” von feinster Leinwand, die Burschen tanzten häufig in Hemdärmeln, dabei brachten sie auf ihre Mädchen eine “Gesundheit” aus, indem der Bursche sich mit seinem Mädchen auf die Mitte des Tanzplatzes stellte und unter Begleitung der Musik das Verschen sang:

Unter meines Schwiegervaters Haus,
Wächst ein schöner Weinstock heraus,
Wenn der Weinstock Trauben trägt,
Ist es meinem Schätzchen recht.

Reste der alten Kirmesbräuche- und Spiele haben sich indessen noch bis auf unsere Tage erhalten. So besteht im Schwarzwald die Sitte, dass jeder Hofbesitzer sein Gesinde während der Kirchweihtage bewirten muss. Vom Oberknecht bis zum Hirtenbuben und von der Groß0magd bis zum kleinsten Mädchen sitzen sie in zwei Reihen als Herren und Damen bei Tische und lassen sich vom Bauer und von der Bäuerin bedienen. Zwischen Mittag und Abend wird fast unaufhörlich aufgetragen, dann getanzt und wieder gegessen. Von Zeit zu Zeit erhebt bald dieser Knecht, als jene Magd das Glas und spricht: “Buwr, i bring der`s zue” worauf der Angeredete Bescheid tun muss.

In Mittelfranken wird die Kirmes durch die Aufstellung des “Maierbaumes” eingeleitet. Am Kirchweihsonnabend fährt die Burschengesellschaft auf einem wagen, auf welchem eine Musikkapelle Platz genommen hat, in den Wald um einen stattlichen Tannenbaum hereinzuholen. Dieser wird bis auf die Krone von den Ästen befreit und mir Blumengirlanden umwunden. In den unteren Stamm wird die Jahreszahl eingehauen. Der Baum wird auf dem Dorfplatz aufgestellt und an den Kirchweihtagen umtanzt. In Schwaben führt man den “Hut Tanz” auf, welcher um eine Stange, an deren Spitze ein Hut, Halstücher und Würste hängen, geschieht. In früherer Zeit wurde beim Hut Tanz ein Hut mit einer Schnur an einer hohen Stange hinaufgezogen, dann unten angebunden und ein Stück Schwamm daran befestigt und angezündet. Hierauf tanzte man rings um den Hut bis an ein abgestecktes Ziel, wo der vorderste Tänzer den geschmückten “Wedel” (Zweig), welchen er trug, seinem durchs Los bestimmten Hintermann gab, und derjenige Tänzer, welcher den Wedel in der Hand hielt, wenn die Schnur abgebrannt war und der Hut herunter fiel, gewann den Preis.

Im Niederrhein wird das Bild des heiligen Zachäus, welcher, weil von ihm allerorts beim Kirchweihgottesdienste im Evangelium gepredigt wird, nach dem losen Volksmunde “der beste Kirmesgast ist und alle Kirmessen besucht”, begraben. Wenn nun am Vorabend des Festes die Burschen des Dorfes mit sang und Spiel hinaus an den dazu bestimmten Ort gezogen sind und das geschnitzte Bild aus dem Loche ausgegraben haben, so wird es auf eine Stange gesteckt, mit Bändern und Blumen geschmückt und unter Jauchzen und Musik ins Dorf getragen, wo es an der Tanzbühne aufgestellt und die Kirmeskrone mit Blumen und Eiern verziert in der Schenke ausgehängt wird. dann bildet sich das sogenannte Reigengelag, indem sich die Burschen oder Gelagsjungen verpflichten, drei oder mehrere Tage gemeinschaftlich zu feiern, gemeinschaftliche Zeche zu machen und einander bei der Anordnung des Festes, sowie bei etwa entstehenden Schlägereien getreulich beizustehen. Dies Versprechen wird dadurch vollzogen, dass einer nach dem andern mit einer schweren hölzernen Keule auf einen Pfahl schlägt, der zu diesem Zwecke senkrecht in die Erde gestoßen ist. So viel Schläge jeder tut, so viel Tage ist er verbunden, zu feiern. Gewöhnlich sind es drei, mitunter auch vier oder sechs. ist mit dem letzten schlage der Pfahl völlig mit dem Boden gleich in die Erde getrieben, so gilt dies für eine gute Vorbedeutung. Die Mädchen, welche die Kirmeskrone oder den Kirmesbaum ausgeputzt haben, sind bei diesem Akte zugegen und heften jedem der Gelagsjungen ein Band, das Gelagsband, auf die Brust, welches derselbe nicht eher abnehmen darf, als bis die festgestellten Kirmesstage vorüber sind. In Hessen ziehen die Kirmesburschen vielfach zu Pferde auf und in Mergentheim wird die Ehre des Anführers der “Platzknechte” öffentlich ausgeboten und versteigert. Seine Tänzerin ist die “Plotzmad”.

Ein eigentümlicher Brauch am Kirchweihfest ist das Begraben der Kirmes. In Lehrberg (Mittelfranken) ziehen Burschen und Mädchen mit Musik, Spaten und Schaufeln nach einem Platze. Einer der Burschen muss sich tot stellen und wird auf einer Bahre mitgetragen, die anderen Burschen tragen Gefäße mit Bier und Wein gefüllt. am Orte angekommen, wird eine Grube gemacht, der scheinbar Tote hinein gelegt und Bier und Wein nach gegossen. dann führen einige Burschen und Mädchen, welche geflochtene Weidengerten mit farbigen Bändern tragen, einen Reigen auf, und dies nennt man “die Kirchweih begraben”. In manchen Gemeinden Hessens wird unter scheinbarem Weinen und Wehklagen an einem wenig besuchten orte ein tiefes Loch in die Erde gemacht und in diesem eine Anzahl zerschlagener Flaschen, Gläser, etwas Kuchen, eine Puppe und eine mit Branntwein gefüllte Flasche, die sogenannte Kirmesflasche, begraben. Im Kreise Homberg wird der vermummte Bursche noch mit Erbsenstroh umwickelt. Indem er hin und her wankt und schwankt, stellt er die krankgewordene Kirmes vor. In der aufgeworfenen Grube wird das Stroh verbrannt. Während dieser Handlung weinen Burschen und Mädchen und Zuschauer und die Musik spielt ein Trauerstück.

In Laufenfelden auf dem Taunus dauert die “Fahler Kerb” vom Sonntag der ersten Woche bis zum Dienstag der zweiten Woche und schließt mit dem “Kerbbegraben”. Nach einem gemeinsamen Essen ziehen die Mädchen und Burschen des Dorfes feierlich mit Musik und der Ortsfahne durch das Dorf. Zuerst bringen sie das “Kerbtuch”, dann den mit bunten Bändern gezierten “Kerbhut” zu einzelnen Ortsbewohnern, die für diese Ehre einen Trunk oder eine Geldspende zu leisten haben. Außerdem führt der Zug eine Zigarrenkiste und eine Flasche Wein mit sich. Letztere wird in die Kiste gelegt. Unter Absingung trauriger Weisen und wehklagender Lieder kommt der Zug endlich an einem kleinen Teiche im Dorfe an, wo die “Kerb” versenkt und damit die ganze Festlichkeit, die alle drei Jahre geschieht, beendet wird.

Man hat geglaubt, das Kirmesbegraben mit einem altgermanischen Totenfeste in Verbindung bringen zu müssen. Notwendig ist das nicht. Auch sonst ist beim Abschluss einer Arbeit oder Vollendung eines Zeitabschnittes derartiges im deutschen Volksbrauche üblich. So begräbt man wohl zerbrochenes Handwerkszeug in einem Winkel des neu errichteten Hauses, legt Flaschen unter die Wurzeln eines Baumes, der zur Erinnerung an ein hervorragendes Ereignis gepflanzt wird oder begräbt nach beendetem Manöver beim Übergange in den Reservistenstand die Löffel.

Dass übrigens dem an Unfug grenzenden Aufzuge des Kirmesbegrabens von den Behörden durch Verbote nachgestellt wird, kann in diesem Falle nur gebilligt werden.

¹) dieser Texte wurde im Jahr 1911 veröffentlicht

Quelle:
Die deutschen Feste in Sitte und Brauch von Rudolf Reichhardt, Pfarrer; zweite Auflage von 1911


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